Wer heute im modernen Niederfluromnibus über die Straßen unserer heimischen Landschaft fährt, denkt wohl kaum daran, wie beschwerlich das Reisen in früherer Zeit war. Da war man überwiegend auf Schusters Rappen unterwegs, nur wenigen Privilegierten war es vergönnt, mit Pferd und Wagen oder gar mit der Postkutsche zu fahren.
Wenn ein Fleckchen Erde mit industrieller Entwicklung im Sauerland unter ungünstigen Verkehrsverhältnissen zu leiden hatte, so war es das Amt Neuenrade. Hoch im Gebirge gelegen, weitab von großen Verkehrsadern, wurde es immer schwieriger, im Wettbewerb mit anderen Orten, denen das Glück eine Eisenbahn beschert hatte, nicht zu unterliegen. Aber die Industrialisierung nahm Fortschritte an. Es entstanden in Neuenrade Firmen, die u.a. Ahlen, Nieten, Klavierteile und Schrauben herstellten. Mit der Zunahme von Gewerbe- und Industrietätigkeit mussten auch die Verkehrsverbindungen verbessert werden. Schon bald nach 1830 wurde die Straße von Neuenrade nach Balve ausgebaut. 1837 begannen die Arbeiten an der Höllmeckestraße und 1861 wurde der Bau der Chaussee nach Werdohl verwirklicht. Für die Bevölkerung verkehrte die Postkutsche von Werdohl nach Balve. Man benötigte Zeit: Von Werdohl bis Neuenrade wurden 75 Minuten veranschlagt, dann Pferdewechsel bei der Gaststätte Wilhelm Dickehage und weitere 70 Minuten Fahrzeit nach Balve über Kuhscheid.
Durch die Zunahme der Industrie in Lüdenscheid und in den heimischen Tälern der Lenne, Verse und Rahmede kam die Idee, nach dem Bau der Ruhr-Sieg-Strecke 1861 von Hagen nach Siegen Bahnverbindungen von Altena nach Lüdenscheid und von Werdohl nach Lüdenscheid zu schaffen. Am 1. Oktober 1887 konnte die Strecke Altena-Lüdenscheid in Betrieb genommen werden. Weiter folgten die Strecken Werdohl–Augustental, die erst 1905 bis Lüdenscheid verlängert wurde.
Wie hochgemut hatten noch alle Festredner getönt, die den Start der Hönnetalbahn von Menden nach Neuenrade im April 1912 gefeiert hatten. Schon bald würde diese Bahn bis nach Plettenberg verlängert sein, und dann sei Neuenrade ans Verkehrsnetz der großen weiten Welt angeschlossen. Der 1. Weltkrieg ließ diese schönen Blütenträume der Verkehrspolitiker dieser Jahre vergessen. Kein Geld war da, um es in solche Projekte zu stecken und – wenn man die wirtschaftliche Lage dieser Jahre nach 1918 bedenkt – wohl auch kein Bedarf. Anders sah das bei den Menschen im Tal der Lenne und auf der Neuenrader Höhe aus. Die waren in der Hoffnung, dass sie jenen fast 200 m betragenen Höhenunterschied schon bald per Eisenbahn überwinden könnten, weiter brav die Hartmecke hinauf- oder herunter gewandert. Das waren in den ersten Jahren nach dem Krieg vor allem die zahlreichen Arbeiter aus Neuenrade, die damals noch größtenteils in den Werdohler Großbetrieben beschäftigt waren. Zwar hatte der Werdohler Fritz Thomée, Landrat des Kreises Altena, damals am 1. April 1912 auch in den Chor der frohgemuten Verkehrspolitiker eingestimmt, als der „Hönneexpress“ erstmals in den Neuenrader Bahnhof herein schnaufte. Er war es aber auch, der früh genug erkannte, dass der Errichtung einer Busverbindung zwischen Werdohl und Neuenrade die größte Dringlichkeit zukam.
Erst mit der Gründung der „Kraftverkehr Mark-Sauerland GmbH“ begann dann der wirklich moderne öffentliche Personennahverkehr im Kreis Altena und Umgebung. Zum Jahresende 1924 stand in der Neuenrader Stadtverordnetenversammlung wieder einmal die Einführung einer Omnibuslinie Neuenrade-Werdohl zur Diskussion, schon konkreter mit dem Plan zum Bau einer Wagenhalle. Im März 1925 war hierzu der Gesellschaftsvertrag für die Kraftverkehr Mark-Sauerland in Neuenrade spruchreif. Am 22. Mai 1925 wurde in Neuenrade, vor allem auf Initiative des Landrates Dr. Thomée und des Lüdenscheider Oberbürgermeisters Dr. Jokusch, das Verkehrsunternehmen gegründet. Gesellschafter waren: Der Kreis Altena, die Stadt Lüdenscheid, die Stadt Neuenrade, das Amt Werdohl, das Amt Lüdenscheid, das Amt Halver und das Amt Kierspe.
Nunmehr war die „Kraftverkehr Mark–Sauerland GmbH“ mit dem Sitz in Neuenrade gegründet. Später wurde der Sitz der Gesellschaft nach Lüdenscheid verlegt. Als neue Gesellschafter kamen im Jahre 1926 das Amt Herscheid und die Landgemeinde Plettenberg hinzu. Die Gesellschaft wurde als rein kommunales Unternehmen gegründet. Nur die Kreis Altenaer Eisenbahn AG wurde, da ihr als dem im Kreise Altena vorhandenen größtem Verkehrsunternehmen die Geschäftsführung der neuen Kraftverkehrsgesellschaft durch besondere Vereinbarung übertragen werden sollte. Der erste Verwaltungsrat der Mark-Sauerland GmbH wurde am 3. Juli 1925 gewählt. Er setzte sich aus folgenden Herren zusammen: Landrat, Geheimrat Dr. Thomee in Altena, Regierungsrat Dr. Kühl aus Altena, Oberbürgermeister Dr. Jokusch aus Lüdenscheid, Fabrikant Richard Hueck aus Lüdenscheid, Amtmann Kirchhoff aus Neuenrade, Amtmann Krumm aus Lüdenscheid, Direktor Rudolf Berg aus Eveking ( von der KAE), Reg. – Ass. a. D. von Bornhaupt in Dortmund. Den Vorsitz übernahm, wie vertraglich festgelegt, Geheimrat Dr. Thomèe.
Schon einige Zeit vorher, am 22. März 1925 waren alle Vorbereitungen zum Omnibusbetrieb abgeschlossen. Die Linie Neuenrade-Werdohl konnte in Betrieb genommen werden und zwar mit zwei geliehenen 55 PS starken und mit 25 Sitzplätzen ausgestatteten Omnibusse der Firma M.A.N. Die ersten Omnibusfahrer waren die Neuenrader Wilhelm Dickehage und Franz Rieke, nachdem sie zuvor eine vierwöchige Ausbildung und die Führerscheinprüfung in dem M.A.N.-Werk in Nürnberg absolviert hatten. Am 31. Dezember 1930 waren bereits 18 zweiachsige M.A.N.-Niederrahmen-Omnibusse mit 24 Sitz- und 10 Stehplätzen vorhanden, deren Motor bei den ersten 6 Wagen eine Leistung von 50/55 PS und bei den restlichen 12 Wagen eine solche von 55/65 PS hatte. Diese Wagen, welche mit einer besonderen Motorbremse ausgerüstet waren, hatten sich bei den schwierigen Betriebsverhältnissen im Sauerland bestens bewährt und trotz der außerordentlich starken Inanspruchnahme irgendwelche Schäden von Bedeutung nicht erlitten. Zusätzlich wurde 1927 ein Mercedes-Bus angeschafft. Dieser Bus hatte schon elektrische Scheibenwischer und einen Fahrtrichtungsanzeiger.
Die Kraftverkehr Mark-Sauerland GmbH hatte es sich zur Aufgabe gemacht, den Kreis Altena und die Stadt Lüdenscheid für den Kraftverkehr zu erschließen. Neben den in eigener Betriebsführung befindlichen Kraftfahrlinien waren von der Mark-Sauerland noch weitere Linien konzessioniert, die von fremden Betriebsführern betrieben wurden. Es handelte sich hierbei um Linien vorwiegend im Randgebiet des Kreises Altena. Wenn auch im Lauf der Zeit noch mancher Strauß am Verhandlungstisch auszufechten war, um das Unternehmen hinsichtlich seiner Liniengestaltung zu formen, so soll die Tatsache nicht vergessen sein, dass aus den damaligen Verhältnissen heraus Neuenrade der Ausgangspunkt der Mark-Sauerland gewesen ist.
Für die Durchführung des Linienverkehrs musste man sich Gedanken um neue Fahrzeuge machen, aber erst 1936 wurden dann 3 Krupp OD 5 Omnibusse angeschafft. Diese Fahrzeuge hatten 125 PS, 34 Sitz- und 10 Stehplätze. Weitere 5 Krupp-Omnibusse vom Typ OD 4,1 wurden 1937 beschafft. Diese Omnibusse waren sehr robust, erst 1957 wurde der letzte Krupp ausgemustert.
Bedingt durch verminderte Treibstoffmengen nach Ausbruch des Krieges 1939 gab es erhebliche Einschränkungen in den Fahrplänen. Der Gelegenheitsverkehr wurde auf „wehrwirtschaftliche“ Fahrten beschränkt. Vom Gesamtbestand der 29 Omnibusse wurden 4 mit Fahrern der Mark–Sauerland für den Militär-Verkehr am Westwall entzogen. Nach dem Erlass des Reichsverkehrsministers verfügte der Regierungspräsident 1941 die Beschränkung des Linienverkehrs mit Kraftfahrzeugen der Mark–Sauerland insofern, als dass künftig alle Fahrten an Sonn- und Feiertagen bis auf den kriegswichtigen und lebensnotwendigen Berufsverkehr einzuschränken sind. Es wurden weitere Betriebseinschränkungen durchgeführt, tlw. wurden ganze Verkehrstage gestrichen. Man kam zu Überlegungen, einzelne unrentable Linien einzustellen. Wie z.B. die Linie Werdohl–Altena. Das Interesse der Elektromark in Elverlingsen für ihre Belegschaftsmitglieder war jedoch recht groß, so dass hier nichts verändert wurde. Weiter sollte dem Verkehr zwischen Werdohl und Neuenrade mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden. Man sprach davon, dass die Bevölkerung das Vertrauen in die Mark–Sauerland verliere, wenn die Wagen weiterhin so überfüllt seien, dass häufig Fahrgäste wegen Überfüllung zurückbleiben müssten.
Nach dem Krieg begann die härteste Zeit für die Mark–Sauerland. Der Fahrzeugpark war überaltert. Ein großer Teil der Fahrzeuge war beschlagnahmt worden und musste mühsam wieder „losgeeist“ werden, um den Betrieb Linie für Linie wieder aufnehmen zu können. Treibstoff, Ersatzteile, Reifen, alles war knapp. Der Fahrzeugbestand betrug zwar nominell noch 30 Omnibusse, davon konnte aber nur ein knappes Drittel wirklich eingesetzt werden. Einer der Fahrer, die in amerikanische Kriegsgefangenschaft geraten waren, war der Neuenrader Ernst Fischer. Zusammen mit Wilhelm Dickehage war er nicht eingezogen worden, sondern tat weiter seinen Dienst als Omnibusfahrer der Mark-Sauerland. Sie waren die einzigen Busfahrer im Bereich Werdohl-Neuenrade und deshalb unabkömmlich. Im Frühjahr 1945 mussten beide doch noch einen Militärdienst übernehmen: Derjenige, der Freizeit hatte, musste mit einem Omnibus der Mark-Sauerland Soldaten an die Front bringen, die sich zu der Zeit schon am Rande des Sauerlandes befand. Die Fahrten gingen meistens nach Olsberg und Arnsberg. Die Eingezogenen waren ganz junge Männer aus dem hiesigen Gebiet, aber auch Genesende aus dem Truppenverbandsplatz in Neuenrade-Berentrop. Die Front erreichte auch Neuenrade und amerikanische Truppen nahmen viele Männer in Berentrop in Gefangenschaft, auch den Neuenrader Omnibusfahrer Ernst Fischer. Dieser wurde aber dringend bei der Mark-Sauerland gebraucht und so wurde der Neuenrader Amtsbürgermeister Erich Morlinghaus seitens der Mark-Sauerland gebeten, sich beim Deutschen Roten Kreuz für die Freilassung des Fahrers Ernst Fischer einzusetzen.
In den Folgejahren war es schwer, den Linienverkehr wieder in normale Formen zu bringen. Weniger Omnibusse und schlechte Wegeverhältnisse hinderten an einer ordnungsgemäßen Durchführung der Fahrpläne. Aber schon bald wurden die Verhältnisse wieder besser. Die Linie Neuenrade–Werdohl–Dresel wurde bis Altena verlängert, die Linien Langenholthausen–Mellen–Balve und Altena–Eggenscheid–Großendrescheid wurden neu eingerichtet.
1940 musste die gesamte Lkw- und Omnibusproduktion von Krupp (von einigen Militärmodellen abgesehen) eingestellt werden. Deshalb wurde die »Krawa« (Krupp-Kraftwagen- und Motorenbau) nach Unterfranken verlegt. Eine Maßnahme, die sich nach dem Krieg auszahlen sollte. 1946 wurde mit amerikanischer Genehmigung die Produktion von Lkw und Omnibussen wieder aufgenommen. Allerdings nicht unter dem Namen Krupp, der war wegen der Rüstungsproduktion verboten, sondern unter dem Namen »Südwerke«. 1948–49 wurden 7 neue Busse des neuen Typs Büssing NAG 5000 T angeschafft. Optimistischer konnte die Belegschaft der Kraftverkehr Mark–Sauerland aber bereits 1950 wieder in die Zukunft schauen. Enormes war geleistet worden! Praktisch aus dem Nichts war der Vorkriegszustand unter schwierigsten Bedingungen nicht nur eingeholt, sondern sogar übertroffen worden. 1949 wurden bei der Düwag (Düsseldorfer Waggonfabrik AG) vier Anhänger angeschafft. Weitere drei Anhänger kamen 1952 dazu. Diese Anhänger wurden vorwiegend im Stadtverkehr eingesetzt.
Wenn ein öffentliches Unternehmen wie die Kraftverkehr Mark-Sauerland GmbH auf ein 25-jähriges Bestehen zurückblicken kann, dann ist das sicherlich ein Grund nicht nur zu Freude, sondern auch zum Feiern. Und Mark-Sauerland feierte ein Jubiläumsfest, das in jeder Beziehung der Bedeutung des Tages gerecht wurde. Nach der Feststunde und dem anschließenden gemeinsamen Mittagessen standen für die Ehrengäste drei der modernsten Omnibusse vom Typ Büssing NAG 5000 T bereit. Eine Sonderfahrt führte von Lüdenscheid über den Höhenweg bis Werdohl, weiter in steilen Serpentinen zum Gründungsort der Mark-Sauerland nach Neuenrade und zum Ehrenmal des SGV auf dem Kohlberg. Während der Kaffeetafel im Kohlberghaus nahm der Neuenrader Amtsdirektor Morlinghaus das Wort, um die Reisegesellschaft zu begrüßen.
Am 8. Oktober 1950 trat der neue Winterfahrplan in Kraft. So war zwischen Altena und Lüdenscheid auch tagsüber der Einsatz von Omnibussen vorgesehen, um bislang nur schwach besetzte Zugverbindungen der KAE zu ersetzen. Die Frage, ob der Schienenbetrieb der Kreis Altenaer Eisenbahn bestehen bleiben sollte, war im Jahre 1954 noch nicht entschieden. Der Plettenberger Kleinbahn wurde die Zustimmung zur Errichtung einer Linie Affeln–Plettenberg erteilt, die jedoch wegen Unrentabilität wieder eingestellt wurde. Die Mark–Sauerland war an einer Übernahme nicht interessiert, da mit den erheblichen Steigungen innerhalb des gesamten Streckenstückes ein erheblicher Wagenverschleiß verbunden war.
Für Unverständnis sorgte Mitte 1951 ein Schreiben der Mark-Sauerland an die Gemeindeverwaltung Neuenrade. Es war geplant, eine Omnibusverbindung von Lüdenscheid zur Sorpetalsperre einzurichten. Leider sollten die Omnibusse dieser Linie, die mitten durch Neuenrade führte, nicht in Neuenrade halten. Die Oberpostdirektion erhob Einwand, da angeblich Neuenrader Bürger, um zur Sorpetalsperre zu gelangen, die Eisenbahn von Neuenrade bis Balve nutzten und dann mit dem Postomnibus zur Sorpetalsperre führen. Gegen den Einwand der Oberpostdirektion erhob die Neuenrader Gemeindeverwaltung „Schärfsten Protest“.
Mit 50 Omnibussen ging die Mark-Sauerland in den Sommerfahrplan 1952, durch neue Büssing-Omnibusse wurde die Fahrzeugflotte modernisiert, dazu gab es noch einen speziellen Bus für Überland- und Ausflugsfahrten. Am Ende des Jahres 1953 wurde unter Einsatz von 56 Omnibussen, 5 Kleinstbussen und 10 Omnibusanhängern ein Liniennetz von 476 km betrieben. Betriebsstellen bestanden in Lüdenscheid, Neuenrade und Kierspe. Die Belegschaft bestand aus 18 Gehalts- und 175 Lohnempfängern.
Mitte 1954 stand endgültig fest, dass der Personenverkehr auf der Strecke Werdohl–Lüdenscheid von der KAE stillgelegt und von der Kraftverkehr Mark-Sauerland übernommen werden sollte. Als wichtigstes Ereignis 1954 ist der Abschluss eines Freundschaftsvertrages mit der Kreis Altenaer Eisenbahn-Aktiengesellschaft zu erwähnen. Die KAE sah sich aus diesen Gründen veranlasst, mit der Mark-Sauerland ein Abkommen dahingehend zu treffen, dass diese Gesellschaft ab dem 1. August 1956 im Auftrage der KAE den Personenverkehr Werdohl–Lüdenscheid für eigene Rechnung übernahm. Der ehemalige Güterbahnhof der KAE in Werdohl wurde nach der Stilllegung des Bahnverkehrs von der Mark-Sauerland übernommen und als Busdepot genutzt. 1957 entstand hier, unmittelbar neben den Gleisen der Deutschen Bundesbahn, ein Hallenneubau, der 8 Omnibussen, einem Büro- und Abrechnungsraum und einer kleinen Wohnung Platz bot.
1958 wurden 6 Anderthalbdecker beschafft. Zunächst wurden die Großomnibusse von Montag bis Samstag im Überlandverkehr eingesetzt, anschließend versuchsweise bis Sonntagabend im Lüdenscheider Stadtverkehr. Man wollte sich orientieren, wieweit die oberen Sitzplätze auf den verhältnismäßig kurzen Strecken von den Fahrgästen angenommen wurden. Im Jahre 1961 mussten durch gesetzlichen Zwang die im Betrieb befindlichen Anhänger, ohne Rücksicht darauf, ob ihre Lebensdauer erschöpft war, aus dem Verkehr gezogen werden. Sie sollten durch Großraumfahrzeuge, Gelenkzüge ersetzt werden. Zur Probe wurden 3 Gelenkbusse HS 160 von Henschel eingesetzt. Ebenso wurde ein Büssing-Gaubschatt 6500 T Gelenkbus angeschafft.
In Werdohl wurde die Linie Ütterlingsen–Rathaus nach Pungelscheid verlängert, wobei jedoch eine Unterwegsbedienung von Werdohl–Bahnhof bis Pungelscheid nicht vorgenommen werden durfte, weil die KAE als Konzessionsträger für die Strecke Werdohl–Kleinhammer-Lüdenscheid die Unterwegsbedienung durch die Mark-Sauerland nicht zugelassen hatte. Für die Stadt Werdohl war das in höchstem Maße unbefriedigend.
Sämtliche Haltestellen wurden 1963 mit Fahrplankästen ausgerüstet und innerstädtische Haltestellen mit modernen Leuchtsäulen versehen. Wartehallen wurden in Absprache mit den Städten Werdohl und Lüdenscheid eingerichtet. Für das Fahrpersonal wurden neue graue Uniformen eingeführt. Die alten blauen stammten noch aus der Kriegszeit, als es wenig Stoffe gab. 1964 wurden erstmals Werbeflächen an den Omnibussen vermietet. Durch die recht geschmacklose Reklame ging ein Teil der blau-beigen Firmenfarbe an den Omnibussen verloren. Zur Verbesserung der Wirtschaftslage und in Angleichung anderer öffentlicher Verkehrsbetriebe sollte die Verkehrsmittelwerbung jedoch weiter voran getrieben werden. In den Omnibussen gab es eine neuartige optische Signaleinrichtung zur klaren Verständigung zwischen Fahrgast und dem Fahrer: Der Fahrgast gab seinen Wunsch, aussteigen zu wollen, durch eine Druckknopfbetätigung bekannt, die ein Transparent mit der Schrift „BUS HÄLT“ aufleuchten ließ. 1965 beantragte der Neuenrader Amtsdirektor Gerhard eine Verlängerung der Linie Werdohl-Neuenrade bis zum Hallenbad, was von der Mark-Sauerland vorläufig abgelehnt wurde. Zur allgemeinen Verkehrssituation war zu sagen, dass sich durch zunehmende Verstopfung der Straßen, insbesondere in den Stadtkernen von Lüdenscheid und Werdohl in Zeiten des Berufsverkehrs, ein schwieriges Problem abzeichnete. Durch weitere Kraftfahrzeugzunahme und die Vorrangregelung für Fußgänger an „Zebra-Überwegen“ wurden die Situationen noch verschärft. „MASA 34 bitte kommen“, so schnarrte es 1967 zum Erstaunen der Fahrgäste in Linienbussen der Mark-Sauerland. Die Geisterstimme kam aus einem Funksprechgerät am Fahrersitz. Wie der technische Direktor Dipl. Ing. Lichtenstein erklärte, waren die Erfahrungen gut. Sicherheit und Rationalisierung des Verkehrsablaufes wurden durch die neue Einrichtung entscheidend verbessert. Wenn eine Ablösung ausblieb oder kurzfristige Umdispositionen im Fahrplan zu treffen waren, konnten von der Zentrale schnellstens neue Instruktionen angeordnet werden.
1967 erwarb die Mark-Sauerland 8 MAN-Omnibusse. Es handelte sich hier um das Model 750 HO – M. Der 150 PS starke Omnibus hatte 34 Sitz- und 74 Stehplätze. Die Busse der 750er Reihe waren bereits luftgefedert und hatten vorne eine Einzelradaufhängung. Der 150-PS-Dieselmotor war unterflur im Heck des Fahrzeuges untergebracht.
1971 gelang es der Geschäftsführung der Mark-Sauerland nach langwierigen Verhandlungen, eine einvernehmliche vertragliche Regelung mit der Plettenberger Kleinbahn und der Stadt Plettenberg zu erzielen, um eine organschaftliche Verbindung zwischen der Plettenberger Kleinbahn und der Mark-Sauerland herzustellen. Mit Beginn des neuen Fahrplanes im Mai 1972 kam dann der erste durchgehende Omnibus von der Plettenberger Kleinbahn in Lüdenscheid am Sauerfeld an. Direktor Lorenzen und Ingenieur Löber von der Mark-Sauerland begrüßten den ersten Bus mit einem „Glück auf“. Mit dieser nun durchgehenden Linie wurde am deutlichsten der neue Verkehrsverbund dokumentiert. Diese neue Linie 14 mit ca. 50 Haltestellen begann in Lüdenscheid-Wehberg, führte über den Christuskirchen-Stern zum Schlachthofkreuz, über Piepersloh zum Silberg nach Herscheid und weiter über Grünenthal nach Hüinghausen und Holthausen, durch Plettenberg nach Ohle und schließlich zur Ohler Burg.
Ein Blick auf den Fahrzeugpark der Mark-Sauerland zeigte, dass es sich um einen modernen, jungen Fahrzeugpark handelte. Das Durchschnittsalter der Omnibusse lag mit 3,5 Jahren an der Spitze aller öffentlichen Verkehrsträger. Auch die baulichen Anlagen und Ausrüstungen waren weitestgehend auf einem modernen Stand. Lediglich in Neuenrade und Plettenberg waren Planungen für neue Betriebshöfe, da die vorhandenen nicht mehr ausreichend waren.
Auch rein äußerlich fielen die neuen Omnibusse auf: Zwar blieb das Blau-Beige, doch die Farben wurden heller, freundlicher. Zudem wurde etwa in Radhöhe ein weißer Zierstreifen angebracht. Neue schlauchlose Reifen mit einem Ganzjahresprofil machten eine Winterbereifung überflüssig. Noch Ende 1974 sollten drei Busse mit Automatik-Getriebe angeschafft werden. 1974 gab es eine gravierende Änderung im Lüdenscheider Stadtverkehr: Da die Omnibusse lt. Ratsbeschluss nicht mehr über den Straßenstern fahren durften, sollte zukünftig das Sauerfeld Lüdenscheids großes „Umsteigekreuz“ werden. Alle Linien, die bisher vom Sauerfeld her den Straßenstern überquerten, mussten jetzt den Rathaustunnel benutzen.
Auf der Gesellschafterversammlung am 19. September 1975 berichtete der Vorsitzende des Verwaltungsrates, Oberkreisdirektor Dr. J. Albath, dass zum Zwecke der Bildung eines einheitlichen Nahverkehrssystems im Märkischen Kreis die beiden Verkehrsträger Mark-Sauerland und Iserlohner Kreisbahn eine gemeinsame Koordinierungs- und Trägergesellschaft, die Märkische Verkehrsgesellschaft (MVG) gegründet hätten. Er berichtete weiter, dass alle Anteile beider Gesellschaften auf die MVG übertragen werden sollten. Die Gründung der MVG erfolgte dann nach der kommunalen Gebietsreform 1975. Mit Wirkung vom 1. Januar 1976 bildete die MVG mit ihren Tochtergesellschaften, der Iserlohner Kreisbahn AG und der Kraftverkehr Mark-Sauerland GmbH, sowie mit deren vereinheitlichter Güterverkehrsgesellschaft, der Märkischen Eisenbahngesellschaft AG und der Mark-Sauerland Touristik GmbH einen Konzern, der die öffentlichen Verkehrsaufgaben im neuen Märkischen Kreis einheitlich und auf einer neuen wirtschaftlichen Basis durchführen konnte.
Dieser Text wurde uns freundlicher Weise von Heinz-Werner Turk aus Neuenrade zur Verfügung gestellt – Vielen Dank!
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